• „Wer die Kinder nicht hat schreien hören, der weiß nicht wirklich, worum es hier geht.“
  • Mit diesem Satz beschreibt ein Kölner Richter ungewöhnlich sadistische Missbrauchstaten.
  • Er verhängt in dem Fall eine besonders hohe Haftstrafe.

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Wegen schwerstem sexuellen Missbrauch von Säuglingen und Kleinkindern ist ein ehemaliger Babysitter aus Wermelskirchen bei Köln zu 14 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden. Das Landgericht Köln ordnete in seiner Urteilsverkündung am Dienstag wegen hoher Rückfallgefahr zudem Sicherungsverwahrung für den 45-Jährigen an, so dass dieser auch nach Verbüßung der eigentlichen Strafhaft vorerst nicht freikommen wird.

Den Opfern muss der Serientäter insgesamt 239.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. „Wir sehen nicht ein Monster in Ihnen, aber dass man Sie fürchten muss, das sehen wir schon“, sagte der Vorsitzende Richter Christoph Kaufmann.

Fall Wermelskirchen: Das jüngste der 14 Opfer war erst vier Wochen alt

Die Taten – „sexuelle Orgien“ – gehören nach seiner Einschätzung zum Schlimmsten, womit auch spezialisierte Ermittler in vielen Jahren konfrontiert waren. „Wer die Kinder nicht hat schreien hören, der weiß nicht wirklich, worum es hier geht“, sagte Kaufmann. Das jüngste der insgesamt 14 Opfer war vier Wochen alt.

Der Täter hielt all seine Verbrechen auf Video fest. Sein umfassendes Geständnis falle deshalb nicht allzu strafmildernd ins Gewicht, sagte Kaufmann. „Wir hatten doch alles live und in Farbe.“ Einige extrem sadistische Szenen könne man sich in den „Folterkellern“ irgendwelcher Schurkenstaaten vorstellen, aber kaum hinter der Fassade einer zutiefst bürgerlichen Existenz mitten in der Bundesrepublik.

Der Angeklagte ist nach den Worten Kaufmanns ein „feingliedriger, smarter Typ“, wohlhabend, erfolgreich, weltgewandt. Der verheiratete IT-Experte hatte einen Freundeskreis aus Piloten, Ärzten und Schauspielern, unternahm luxuriöse Urlaubsreisen nach Singapur und Neuseeland und besaß in Wermelskirchen eine Millionenimmobilie.

In diesem besonders transparent wirkenden Haus habe es jedoch im übertragenen Sinne einen dunklen Kellerbereich gegeben, sagte Kaufmann. Seine dunkle pädophile Sexualität habe der Angeklagte in menschenverachtender Weise ausgelebt. „Die Kinder sind für Sie beatmete Sex Toys“, sagte Kaufmann.

Wie andere Missbrauchstäter tauschte der 45-Jährige über das Internet kinderpornografisches Material aus. Daneben spezialisierte er sich jedoch zunehmend darauf, als Babysitter kleine Kinder – teils nur wenige Monate alte Babys – auf schwerste Weise zu missbrauchen. Dafür verabreichte er den Kindern teilweise Betäubungsmittel. In einem Fall missbrauchte er einen Jungen, der aufgrund seiner schweren geistigen Behinderung nicht darüber sprechen konnte.

Täter fiel den Ermittlern nur durch Zufall auf

Dies war einer der Gründe, warum der Täter so lange nicht auffiel – die Taten ereigneten sich zwischen 2005 und 2019. Ein anderer Grund war, dass der 45-Jährige hochgradig geschickt darin war, sich das Vertrauen der Eltern und älteren Kinder zu erschleichen.

In einem Fall wurde er Taufpate eines Jungen, in einem anderen wusste er sogar die Zuneigung eines hochintelligenten, aber schwer zugänglichen Jungen zu gewinnen. „Die perfekte Fassade – Hochglanz“, sagte Kaufmann.

Zudem ist der Täter auch noch ein Computer-Experte, der seine Videos perfekt verschlüsseln konnte. Als die Polizei schließlich über einen Täterfreund auf ihn aufmerksam wurde und nach langen Ermittlungen ausreichende Beweise gesammelt hatte, schlug sie mit einem SEK-Kommando zu, als er sich gerade in einer Videokonferenz mit seinem Chef befand.

Dadurch konnte er den Computer nicht mehr abschließen. „Das System war so gesichert, da wäre auch das CIA nicht reingekommen“, zitierte Kaufmann einen Experten. Wie sich herausstellte, führte der Täter ein elektronisches Archiv mit Ordnern wie „Sex mit Säuglingen“, „Sadistischer Missbrauch“, „Sex mit Tieren“.

Kaufmann wandte sich in seiner mehrstündigen Urteilsbegründung auch direkt an den Angeklagten, der kontrolliert und ruhig wirkte. „Das ist natürlich ein sehr bitterer Moment für Sie und eine sehr hohe Strafe“, sagte Kaufmann. Es seien aber eben auch außergewöhnlich schwere Straftaten, die er begangen habe. Der seit langem auf Missbrauchsverfahren spezialisierte Jurist erklärte: „In all den Jahren – das sind 25 Jahre – ist nicht ansatzweise ein Verfahren so dramatisch gewesen (…) wie dieses hier.“ (Christoph Driessen, dpa)