U-Ausschuss-Tapes, Teil 1:
Sebastian Kurz
Zum ersten Mal überhaupt kann die Öffentlichkeit einen Blick hinter die Kulissen eines parlamentarischen Untersuchungsauschusses werfen. Die Befragung von Bundeskanzler Sebastian Kurz ist selbst ein Stück Republiksgeschichte.
Wien, 06. August 2021 | Vor mehr als einem Jahr begann der Untersuchungsausschuss zur Mutmaßlichen Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung, kurz: Ibiza-Ausschuss.
Ein Ausschuss mit Konsequenzen
Zum Leidweisen und zur wiederholten Klage der Kanzlerpartei ÖVP verschob sich der Fokus der parlamentarischen Untersuchung bald von ehemaligen Koalitionspartner zu den Türkisen selbst. Als Folge der Ausschussarbeit hat die ÖVP Verluste zu beklagen:
ÖBAG-Chef Thomas Schmid kostete die öffentliche Aufarbeitung seiner Chats den Job, Schattenjustizminister Christian Pilnacek ist supendiert, Verfassungsrichter Wolfgang Brandstetter musste zurücktreten. Gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz wird wegen Falschaussage im Ausschuss ebenso ermittelt wie gegen seine frühere Stellvertreterin als ÖVP-Chefin Bettina Glatz-Kremsner und seinen Kabinettschef Bernhard Bonelli. Die Ausschussführung von Wolfgang Sobotka und die Gedächntislücken von Gernot Blümel sorgten für desaströse Vertrauenswerte der türkisen Spitzenpolitiker. Erstmals musste in Wolfgang Sobotka ein Angehöriger des Ausschusses selbst auf dem Sessel der Auskunftspersonen Platz nehmen.
Wenigstens keine Übertragung?
Journalisten, die regelmäßig aus dem Ausschuss berichteten, sind sich mit Oppositionsabgeordneten und Grünen einig: Hätte die Bevölkerung den Manövern der Türkisen im Ausschuss zusehen können, wäre alles noch viel schlimmer gekommen. Verhindert wird das durch die ÖVP. Sie sagt zwar, dass sie – wie alle anderen Parteien – für eine öffentliche Übertragung des Ausschusses ist, knüpft das aber an unanehmbare Bedingungen wie die Befragung durch Richter statt Abgeordnete oder die Aufhebung der Wahrheitspflicht im Ausschuss.
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