Raritäten selbst pflanzen
Gefährdete Sorten sollen nicht nur auf den ARCHE NOAH Erhaltungswiesen wachsen, sondern auch in vielen Gärten und auf Streuobstwiesen. Aus pflanzenschutzrechtlichen Gründen dürfen wir aber nur Bäume für die Weitergabe produzieren lassen, wenn sichergestellt ist, dass die Mutterbäume gesund sind. Zu leicht können problematische Krankheiten sonst weit verbreitet werden.
Auf Grund der gesetzlichen Lage können wir derzeit leider noch keine Bäume unserer seltenen und unbekannten Sorten in den Verkauf bringen. Auch können wir zu vielen Sorten noch keine genauen Beschreibungen erstellen, da wir normalerweise mindestens 7 Jahre warten müssen bis unsere Hochstämme erstmals Früchte tragen. Erst danach können wir die Sorten nochmals verifizieren und gesicherte Beschreibungen der Eigenschaften erstellen.
Eine Möglichkeit unsere erhaltenswerten Sorten dennoch auch über private ErhalterInnen weiter abzusichern ist unser Sortenbegleiterprogramm.
Suchen, Finden, Retten
Der ARCHE NOAH Obstexperte Bernd Kajtna berichtet von der Suche nach gefährdeten lokalen Obstsorten:
„Ein sehr gutes Beispiel für die Obstvielfalt ist Prigglitz in der Buckligen Welt – eine kleine Gemeinde mit sehr vielen alten Obstbäumen. In einem Obstgarten haben wir genau 500 Bäume gezählt. Damit hat dieser Garten mehr Obstbäume als der Ort Einwohner. Seit acht Jahren besuchen wir Prigglitz immer wieder, versuchen die verschiedenen Obstsorten zu bestimmen und seltene Sorten zu vermehren.
Ein Apfel ist uns besonders aufgefallen: Er ist im Herbst leuchtend rot gefärbt, hat auffallend helle Punkte und eine sehr fettige Schale. Die Sorte hat keinen Namen, aber Kinder des örtlichen Kindergartens haben den Apfel ‚Prigglitzer Abendrot‘ getauft. Auch von der extrem selten Sorten ‚Königin Olga‘ oder ‚Rote Walze‘ haben wir in Prigglitz mehrere Bäume gefunden.
Eine weitere Fundgrube für seltene Sorten ist der Wienerwald. Dort haben wir den ‚Okabena‘ nachgewiesen, ein Apfel mit intensivem Duft und einem angenehmen Rosenapfelaroma. Von dieser Sorte gibt es vielleicht nur fünf oder sechs Bäume. Sie ist akut vom Aussterben bedroht.“
Ja, ich möchte die Suche nach gefährdeten Sorten unterstützen und werde Obstbaumpatin/Obstbaumpate!
Von bedrohten Sorten existiert oft nur ein Baum
In Österreich gibt es geschätzte 2.000 Apfelsorten. Allerdings sind nur rund 800 Sorten davon bekannt. Der große unbekannte Rest sind sogenannte „Zufalls-Sämlinge“: aus Kernen gewachsene Bäume die nicht wie üblich eher saure und herbe Früchte tragen, sondern schmackhaftes Obst.Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts vermehrten Obstkundige diese guten Sämlinge durch Veredelung weiter – eine neue Sorte war entstanden, die oft nur in einem Dorf verbreitet war.
Solche Lokalsorten finden wir noch heute auf Streuobstwiesen. Oft existiert nur mehr ein Baum dieser genetisch und ökologisch wertvollen Typen, und der ist meist alt und steht kurz vor dem Absterben. Die letzten Reste dieser noch unentdeckten Obstvielfalt drohen für immer aus der Landschaft zu verschwinden.
In der modernen Apfelzüchtung werden vor allem eine Handvoll moderner Sorten verwendet, die ihre Krankheitsanfälligkeit über Generationen weiter vererbt haben. Da es nur wenige Elternsorten gibt, sind alle Handelssorten eng miteinander verwandt. Die genetische Basis der Kulturpflanze Apfel wird dabei immer enger. Das gilt auch für andere Obstsorten wie Birne, Kirsche und Zwetschke. Noch werden in der Züchtung kaum alte Sorten verwendet. Einzelne Institute haben aber bereits erkannt, dass in den unbekannten Sorten wichtige Krankheitsresistenzen schlummern können.
Kommentar hinterlassen